Dachwerkskonstruktionen in der Schweiz – Dissertationsprojekt
Die Entwicklung von Holztragwerken vom 19. bis ins frühe 20. Jh.
Departement: ETH Zürich Bauforschung und Konstruktionsgeschichte
Doktoratsbeginn: Januar 2020
Mitarbeit: Kylie Russnaik
Das Forschungsprojekt untersucht die konstruktive Entwicklung von Holztragwerken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der Schweiz. Der betrachtete Zeitraum ist durch die Industrialisierung und die Rationalisierung des Bauwesens geprägt. Der technologische Fortschritt brachte neue Bauaufgaben mit sich, die durch grosse, stützenfrei überspannte Räume und sichtbare Tragwerke gekennzeichnet sind, etwa Markthallen, Perron-Hallen für die Eisenbahn oder Reithallen des Militärs. Als Tragwerke wurden hierfür anstelle der konventionellen Sparrendächer bevorzugt Pfettendach-Systeme verwendet, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Ingenieur-Konstruktionen wie Polonceau- und Fachwerkbinder neu hinzu.
Das Projekt geht der Frage nach, wie sich das traditionelle Zimmermannshandwerk zum modernen Ingenieur-Holzbau entwickelte. Wie sahen Schweizer Dachwerke des 19. Jahrhunderts aus, welche Konstruktionen wurden neu eingeführt? Welche Bedeutung hatte dabei die Rationalisierung, wie versuchte man Material, Zeit und Kosten zu sparen? Wie wirkte sich die Industrialisierung bei der Herstellung von Baustoffen aus, etwa mit dampfbetriebenen Sägewerken, aber auch mit einer industriellen Eisenproduktion? Welchen Einfluss hatten diese Rahmenbedingungen und die Entwicklung der Ingenieurswissenschaft mit ihren neuen Berechnungsmethoden auf den Entwurf von Tragwerken?
Um diese Fragen zu beantworten, werden im Rahmen eines vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Dissertationsprojektes Dachtragwerke mit einer Spannweite von mindestens 10 m systematisch vermessen und analysiert. Dazu soll u.a. der grosse und gut erhaltene Bestand an Schweizer Bahn- und Militärbauten genutzt werden, der bislang nicht näher untersucht wurde. Eine Auswahl von ca. 80 Dachwerken wird fotografisch sowie durch ein Aufmass und Konstruktionsskizzen festgehalten. Diese Dokumentation wird bauzeitlichen Plänen gegenübergestellt, aber auch mit den in der Traktatliteratur des 19. Jahrhunderts beschriebenen Dachwerken verglichen.
Ziel der Untersuchung ist es, die Entwicklung von Dachtragwerken und Konstruktionsprinzipien im 19. Jahrhundert darzustellen und im Zusammenhang mit den historischen Gegebenheiten zu analysieren. Anhand der dokumentierten Gebäude sollen allgemeine Tendenzen und die ihnen zugrundeliegenden Ursachen nachvollzogen werden. Die Erkenntnisse sollen zu einem tieferen Verständnis der damaligen Entwurfs- und Ausführungspraktiken verhelfen.